FAQ: Wichtige Fragen zum Brexit

Ivan Marc / Shutterstock.com
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  1. Stand: 02.03.2021

    Die Brexit-Übergangsphase ist seit dem 1. Januar 2021 beendet und der Austritt des Vereinigten Königreichs (VK) aus der EU ist nun in voller Konsequenz vollzogen. Beide Seiten konnten sich in letzter Minute auf ein Freihandelsabkommen einigen. Trotzdem: Die Regeln des europäischen Binnenmarktes oder der europäischen Zollunion gelten jetzt nicht mehr beim Handel zwischen VK und EU. Das hat Auswirkungen auf die Zollabwicklungen, Steuern und vieles mehr. In unserem FAQ lesen Sie die wichtigsten Antworten auf die drängendsten Fragen.

    Timeline Brexit

    • 09. Januar 2020

      Britisches Unterhaus ratifiziert Brexit-Abkommen

    • 29. Januar 2020

      EU-Parlament ratifiziert Brexit-Abkommen

    • 31. Januar 2020

      Brexit Day -> Übergangszeitraum bis 31.12.2020

    • 03. Februar 2020

      Beginn der Verhandlungen zwischen EU und Vereinigtem Königreich

    • 31. Dezember 2020

      Ende der Übergangszeit (falls keine Verlängerung vereinbart wurde)

    • 01. Januar 2021

      Die Regeln von Binnenmarkt und Zollunion innerhalb der EU gelten nicht mehr für das Vereinigte Königreich

    • 23. Februar 2021

      VK stimmt Vorschlag der EU-Kommission zur Verlängerung der vorläufigen Anwendbarkeit des Abkommens (bis Ende April) zu

     

    Wie wirkt sich der Brexit zum 1. Januar 2021 auf Online-Händler aus?

    Die Auswirkungen des Brexits sind vielfältig: 

    1. Händler müssen umfassende Zollformalitäten erfüllen, 
    2. es drohen höhere Kosten für Händler sowie Verbraucher, 
    3. der Warenverkehr wird belastet, 
    4. die großen Online-Marktplätze müssen Bedingungen verändern und 
    5. manche Online-Shops (v.a. aus dem VK) stellen sogar den Verkauf über die neue Zollgrenze zwischen EU und Großbritannien ein.

    Immerhin wurden Zölle größtenteils vermieden und ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Dennoch bleiben für die Zukunft noch viele Fragen offen. Es bleibt also wichtig, sich auch in den nächsten Wochen und Monaten über Neuigkeiten zu informieren. 

    Die wichtigsten Informationen rund um den Brexit können in den folgenden Fragen und Antworten nachgelesen werden. Diese werden fortlaufend angepasst und aktualisiert.

     

    Warum kann der Brexit negative Auswirkungen für deutsche Online-Händler haben?

    Innerhalb der Union strebt die EU in der E-Commerce-Branche eine vollständige Harmonisierung und Vereinheitlichung des rechtlichen Rahmens zur Gewährleistung eines rechtssicheren grenzüberschreitenden Online-Handels an. Ein solcher einheitlicher Rechtsrahmen in der EU erleichtert und vereinfacht den innereuropäischen Handel, weil dann in allen EU-Mitgliedstaaten dieselben Regeln gelten. 

    Der Austritt des VK aus der EU hat führt dazu, dass Online-Händler bei einem Handel mit Kunden aus dem Vereinigten Königreich einen unterschiedlichen Rechtsrahmen zu beachten haben als beim Handel mit Kunden innerhalb der EU, weil das Vereinigte Königreich die einheitlichen EU-Vorschriften nicht mehr vollständig befolgen muss. Das bedeutet für Online-Händler Mehraufwand und eventuell auch Rechtsunsicherheit.  

    Außerdem wird der Warenexport ins Vereinigte Königreich komplizierter und kostenintensiver. Denn nicht nur Zollformalitäten fallen an. Immer wieder kommt es für Händler auch zu Problemen bei der steuerlichen Registrierung im VK und bei Fragestellungen rund um die Umsatzsteuer.

     

    Warum kann der Brexit aber auch positive Auswirkungen für Online-Händler haben?

    Durch den Brexit könnte die Konkurrenz durch britische Online-Händler perspektivisch geringer werden. Schon jetzt zeigen sich diese Auswirkungen, da einige britische Online-Shops den Handel in die Europäische Union ausgesetzt haben, weil Warenimporte, also der Verkauf britischer Produkte an Konsumenten in der EU schwieriger und teurer geworden sind. Deutsche Online-Händler haben jetzt die Möglichkeit, die geschaffene Lücke innerhalb der Kundenbedürfnisse auszufüllen, bevor andere Konkurrenten nachrücken.

     

    Was ändert sich an bestehenden Beziehungen mit Amazon?

    Seit dem 1. Januar 2021 gibt es wichtige Veränderungen für Händler, die ins Vereinigte Königreich verkaufen. Amazon hat zwei einschneidende Auswirkungen bekannt gegeben: 

    1. Lagerbestandstransfers mit paneuropäischem Versand zwischen UK und EU werden gestoppt, 
    2. Kundenbestellungen mit Versand durch Amazon (FBA) vom Vereinigten Königreich in die EU und umgekehrt können nicht mehr aufgegeben werden, weil der Versand durch Amazon per Europäischem Versandnetzwerk (EFN) nicht mehr über die Grenze zwischen UK und EU geschehen wird. 

    Mehr Informationen können Sie auf OnlinehändlerNews nachlesen: Brexit: Amazon gibt Änderungen bei FBA und EFN bekannt

     

    Müssen Rechtstexte im Online-Shop angepasst werden?

    Die  Rechtstexte im Online-Shop sind insbesondere hinsichtlich der Versandbedingungen anzupassen.  

    Soweit Formulierungen verwendet werden, wie „Die Lieferung erfolgt ins Inland (Deutschland) und in die EU-Mitgliedstaaten”, muss bei Bedarf das Vereinigte Königreich ergänzt werden. 

    Zudem ist eine Regelung zur Zolltragung und etwaigen weiteren Kosten notwendig.

     

    Darf ich weiter problemlos ins Vereinigte Königreich versenden?

    Durch den Brexit wird VK wie jedes EU-Drittland behandelt, so dass sich hier im Vergleich zu anderen Nicht-EU-Ländern grundsätzlich keine wesentlichen Änderungen ergeben. Aufgrund der noch andauernden Verhandlungen zwischen der EU und VK können sich aus Vereinbarungen Besonderheiten ergeben.

    Beim Versand außerhalb der EU können deutsche Rechtsvorschriften anwendbar sein, soweit sie zwischen den Beteiligten vereinbart wurden. Es ist daher, darauf zu achten, dass zumindest gegenüber Unternehmern das deutsche Recht als anwendbar vereinbart wird, um dann auch Beachtung zu finden.

     

    Gibt es jetzt Zölle und Zollformalitäten im Handel zwischen VK und EU?

    Seit dem 1. Januar 2021 müssen Händler aus der EU Zollanmeldungen für Exporte ins Vereinigte Königreich vornehmen und sich bei den zuständigen Zollbehörden registrieren lassen, wenn sie Waren zwischen dem VK und der EU befördern. Nur wenn die korrekten Zollverfahren durchgeführt wurden, dürfen Waren von EU-Unternehmen die Grenze passieren.

    Händler sollten daher prüfen, ob Sie alle nötigen Registrierungen, Anträge und Anmeldungen gestellt haben und dass diese gültig sind. Außerdem sollte geprüft werden, ob Bewilligungen durch das Hauptzollamt angepasst werden müssen oder neu zu beantragen sind. 

    Ob auch Zölle fällig werden, kommt darauf an, welche Produkte verschickt werden. Keine Zölle fallen an, wenn Waren in die EU oder VK eingeführt werden, die ihren Ursprung in der EU oder im Vereinigten Königreich haben. Das Brexit-Freihandelsabkommen verhindert für diese Waren Zölle und Importquoten. 

    Waren, die ihren Ursprung jedoch außerhalb von EU und VK haben, müssen verzollt werden. So gab es im Januar vermehrt Berichte darüber, dass bei Kleidung oder Schuhen Zollkosten fällig wurden. Einen Überblick über Zollsätze über verschiedene Warengruppen kann man sich mit den Tools der EU und des Vereinigten Königreichs machen. 

    Zwar gehört Nordirland zum Zollgebiet des VK, doch es wird zollrechtlich so behandelt, als gehöre es zum Zollgebiet der Union. Das heißt, dass dort die Regeln der Zollunion gelten. Mehr Infos dazu findet man auf der Homepage des deutschen Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder des deutschen Zolls.

     

    Wie ist die Übergangsphase für die Zollformalitäten geregelt? 

    Das neue Zollregime und die neuen Regeln, die bei der Wareneinfuhr im VK gelten, werden bis Juli 2021 in einer dreistufigen Übergangsphase eingeführt. In diesem Zeitraum werden nach und nach für verschiedene Warengruppen Import-Erklärungen direkt fällig, für andere Waren können diese Erklärung in der Übergangsphase auch nachgereicht werden. Mehr Informationen findet man etwa bei der IHK Rhein-Neckar. Auch die britische Regierung informiert in deutscher Sprache über die neuen Regelungen bei der Einfuhr von bestimmten Warengruppen, wie etwa Tier-, Pflanzen- oder Elektroprodukten. 

     

    Werden jetzt Einfuhrumsatzsteuern fällig?

    Ja. Seit 1. Januar 2021 müssen EU-Unternehmen umsatzsteuerlich im Vereinigten Königreich registriert sein. Die Umsatzsteuerbefreiung für Waren mit geringfügigem Wert bis zu max. 15 Pfund entfällt – künftig unterliegen alle Waren der Einfuhrumsatzsteuer. 

    Bei Sendungen an Verbraucher mit bis zu 135 Pfund Warenwert wird die Umsatzsteuer dann direkt beim EU-Unternehmen abgerechnet, es sei denn, der Verkauf erfolgte über einen Online-Marktplatz. Dann ist der Marktplatz dafür verantwortlich die Steuer einzuziehen und an die Behörden abzuführen. Liegt der Warenwert über 135 Pfund, dann wird die Steuer immer beim Kunden abgerechnet.

    Mehr Information zum Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich findet man hier auf der Website der britischen Regierung.

    Zudem treten zum 01.07.2021 weitere Änderungen im Rahmen des neuen Mehrwertsteuer-Pakets in Kraft. Am 18. Mai 2021 veranstaltet der Händlerbund mit seinem Partner Taxdoo hierzu ein Webinar, bei dem über alle Neuerungen informiert wird. Mehr Informationen dazu findet man auf dem Händlerbund Marketplace.

     

    Ist mit Verzögerung bei Lieferzeiten und Versandproblemen zu rechnen?

    Ja. Zum einen beeinträchtigen die Zoll- und schärferen Grenzkontrollen den Verkehr und können zu Staus und Verzögerungen im Warenverkehr führen. Auch mögliche Fehler und Versäumnisse bei den Zollformalitäten können die Dauer einer Warensendung deutlich verlängern oder führen im schlechtesten Fall dazu, dass Pakete wieder zurück zum Versender geschickt werden. 

    Zum anderen haben im Januar zahlreiche Transportunternehmen und Versanddienstleister aufgrund einiger Probleme die Reißleine gezogen und den Versand zwischen EU und VK ausgesetzt. Mehr Informationen dazu gibt es beim Logistik Watchblog vom Händlerbund. 

     

    Was passiert jetzt mit meiner englischen Limited?

    Durch den Austritt des VK aus der EU fällt auch die Anerkennung der britischen Limited insofern weg, dass eine Niederlassung in Deutschland nunmehr nach deutschem Gesellschaftsrecht behandelt wird. Die britische Limited als solche mit Sitz im VK bleibt weiterhin bestehen. Lediglich in Bezug auf die deutsche Niederlassung sollte entschieden werden, ob diese weiterhin so geführt werden soll. Bei einer Bewertung nach deutschem Gesellschaftsrecht greifen hier gravierende Haftungsfolgen durch, die Gesellschaft wird dann nach den Grundsätzen einer GbR oder oHG behandelt, so dass hier die Vertretungsberechtigten unbeschränkt mit ihrem privaten Vermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften.

    Die damit verbundenen Risiken müssen sich betroffene Unternehmen ins Bewusstsein rufen und über alternative Gesellschaftsformen durch eine Verschmelzung, Umwandlung oder Neugründung nachdenken. In Betracht kommen hier natürlich deutsche Gesellschaftsformen wie die GbR, KG, UG oder die GmbH. Aber auch die Neugründung einer Limited in Irland oder einer BV in den Niederlanden können Alternativen sein. Allerdings sollte man sich bei der Umwandlung oder Neugründung sämtliche Auswirkungen klar machen und abwägen. Dazu gehören nicht nur die rechtlichen, sondern etwa auch die steuerlichen Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaftsform.

     

    Was ändert sich bei Produktzulassungen und Kennzeichnungspflichten?

    Für Produkte mit der CE-Kennzeichnung für industriell gefertigte Waren gilt eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021. Bis zu diesem Datum können diese Waren im Vereinigten Königreich in Verkehr gebracht werden. Ab Jahresbeginn 2021 wird jedoch das neue britische UKCA-Label eingeführt, dass das CE-Kennzeichen perspektivisch ersetzt. Ab 1. Januar 2022 wird im VK ausschließlich das UKCA-Label akzeptiert. 

    Weitere Informationen zu Produktzulassung und weiteren Kennzeichnungspflichten (z.B. für Lebensmittel, Getränke, Bio-Produkte, Chemikalien oder Medizinprodukten) finden Sie hier auf der Website der IHK Rhein-Neckar.

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