Erleichterung für Bewertete: Bewertungsportal muss laut BGH Echtheit überprüfen

megaflopp / Shutterstock.com
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Bewertungen von Kunden oder Nutzern spielen heute eine erhebliche Rolle für die Kaufentscheidungen von Menschen. Für Unternehmen können Bewertungen insofern ein echter Booster sein – wenn sie denn gut ausfallen. Unfaire Bewertungen oder solche, bei denen in Wahrheit gar keine Kundenbeziehung bestand, können entsprechend erheblichen Schaden anrichten. Für Bewertete stellt sich daher oft die Frage, wie sie gegen solche Meinungsäußerungen vorgehen können.

Im Streit zwischen einem Hotelier und einem Bewertungsportal entschied der BGH nun zugunsten des Bewerteten. Danach reiche die Behauptung des Bewerteten, keinen geschäftlichen Kontakt zum Bewerter gehabt zu haben, grundsätzlich aus und eine nähere Begründung brauche es nicht (Urteil v. 9.8.2022, Az. VI ZR 1244/20).

Der Fall: Wer muss die Echtheit der Bewertung beweisen?

Die Klage ging vom Betreiber eines Ferien- und Freizeitparks an der Ostsee mit circa 4.000 Betten aus und richtete sich gegen mehrere negative und teils mit Fotos versehene Bewertungen, die Nutzer auf einem Reiseportal abgegeben haben, das das beklagte Unternehmen betreibt. Die Bewertungen waren dabei sämtlich nur mit Vor- oder Spitzname des Bewertenden gekennzeichnet. Der Ferienparkbetreiber hatte die Portalbetreiberin dazu aufgefordert, die Bewertungen zu entfernen, da sich in dessen Buchungssystem anhand der Angaben nicht eindeutig nachweisen lasse, dass die jeweiligen Personen in den jeweiligen Zeiträumen wirklich Gäste des Parks waren. Die Portalbetreiberin hatte die Entfernung jedoch verweigert, auch mit dem Argument, dass die Bewertungen teils sehr detailliert waren und beispielsweise konkrete Bezeichnungen von Apartmentkomplexen ansprachen oder für ein bestimmtes Zimmer Flecken auf Polstermöbeln erwähnten.

In einer vergleichbaren Situation dürften sich wohl schon viele Unternehmer wiedergefunden haben: Wurde eine Bewertung über sie nicht mit dem Klarnamen des Bewertenden veröffentlicht, ist insbesondere bei Massengeschäften häufig kaum herauszufinden, ob zu diesem angeblichen Kunden auch tatsächlich eine Geschäftsbeziehung bestand. Damit tut sich die für die Praxis äußerst relevante Frage nach der Darlegungs- und Beweislast auf. Hierum ging es, nachdem sich die vorherigen Instanzen teils uneinig waren, nun auch vor dem Bundesgerichtshof.

BGH entscheidet zum Vorteil des Bewerteten

Der BGH bestätigte die Auffassung des vorangegangenen Berufungsurteils. Eine Rüge des Bewerteten, dass der Bewertung kein Gästekontakt zugrunde liege, reiche grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. „Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist er gegenüber dem Bewertungsportal nicht verpflichtet“, heißt es im Urteil. Das gelte nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung gar keine Angaben enthält, die auf ihre Echtheit schließen lassen, sondern auch dann, wenn Angaben vorliegen, die für einen Gästekontakt sprechen.

Für Bewertete dürfte die sich daraus ergebene Lage vorteilhaft sein: Kommt es zu einer negativen Bewertung, deren Autor nicht erkennbar ist, kann sich das bewertete Unternehmen nach den Wertungen des BGH gegenüber dem Bewertungsportal darauf berufen, dass der Bewertung kein tatsächlicher Gästekontakt zugrunde liegt.

Bewertungsportal trifft gegebenenfalls weitere Darlegungslast

Das Portal hingegen müsste sich beispielsweise an den Bewerter wenden, wenn es der Löschungsaufforderung des Bewerteten trotzen und dafür nachweisen will, dass die Bewertung ihre Berechtigung hat. Das gilt zumindest grundsätzlich. „Einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedarf es nur, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Im Übrigen gilt die Grenze des Rechtsmissbrauchs“, heißt es im Urteil. Lässt sich der Bewertung also entnehmen, wer die Bewertung abgegeben hat, muss der Bewertete demnach wohl ggf. größere Anstrengungen unternehmen, um einen dennoch fehlenden Gästekontakt nachzuweisen. Und mit dem Verweis auf die Grenze des Rechtsmissbrauchs lässt sich in der Entscheidung des BGH wohl auch kein Freifahrtschein sehen, im großen Stil und womöglich wider besseres Wissen Entfernungen von Bewertungen gegenüber Bewertungsportalen einzufordern.

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