Nicht mehr lange, dann ist der 26. September und der nächste Bundestag wird gewählt. Der Händlerbund liefert für Online-Händler Antworten auf die Fragen, die sie bewegen, bietet Informationen an und vertritt gleichzeitig die Interessen der KMU-Unternehmen im E-Commerce in der Politik.
Im Vorfeld der Wahl hat der Händlerbund Anfang Juli sieben Wahlprüfsteine an alle Parteien geschickt, die derzeit im Bundesparlament vertreten sind. Diese Fragen basieren auf den Ergebnissen der Bundestagswahl-Umfrage des Händlerbundes. Eine Übersicht über alle Parteienantworten auf die Wahlprüfsteine findet man bei unseren weiteren Informationen zur Bundestagswahl 2021.
CDU/CSU antworten als Dritte – und setzen auf Bürokratieabbau und Förderung für KMU
Die gemeinsamen Antworten von CDU und CSU kamen, nachdem bereits die Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen zu den Wahlprüfsteinen vom Händlerbund Auskunft gegeben haben. So legt die Union eine ausführliche Liste an bürokratischen Vereinfachungen vor, die sie in einer Regierung umsetzen wollen. Egal ob Steuer, Warenausfuhr, Informationspflichten oder Arbeitsrecht – die Union will „bürokratische Belastungen auf ein Minimum reduzieren“.
Gleichzeitig soll auch fleißig gefördert werden, etwa die Digitalisierung des Einzelhandels. Auch zur Erschließung „neuer Märkte und Geschäftsfelder brauchen insbesondere kleine Akteure finanzielle Spielräume und Flexibilität“, finden CDU und CSU.
Plattformen regulieren, aber Raum für Innovation lassen
Die Parteien, deren gemeinsamer Kanzlerkandidat Armin Laschet ist, wollen dafür sorgen, dass große digitale Plattformen ihrer Verantwortung nachkommen – durch eine Digitalsteuer und durch Regulierung. Die Gesetzgebung soll „nutzerzentriert [sein], kleinen und mittleren Unternehmen faire Bedingungen im digitalen Wettbewerb [garantieren] und Raum für Innovationen [schaffen]“.
CDU/CSU sind bei Retouren noch nicht entschieden
Im Gegensatz zu Grünen und Linken, die Online-Händler in allen Fragen rund um Retouren verantwortlich machen wollen, ist die Union hier noch zögerlicher. Man werde mit den Branchen über Abfallreduzierung, Retourenmanagement und Mehrwegverpackungen diskutieren. Statt Regulierungen kann sich die Union eher Selbstverpflichtungen des Handels vorstellen.
Im Themenbereich Abmahnungen wollen sich die Unionsparteien für konsequente Bekämpfung einsetzen, bei der Umsatzsteuer Vereinfachungen prüfen.
Alle Fragen und Antworten in voller Länge
Thema: Online-Marktplätze
Händlerbund: Der E-Commerce besteht nicht nur aus Amazon. Vielmehr nutzen die großen Plattformen ihre Marktmacht und die starke Abhängigkeit ihrer gewerblichen Nutzer in missbräuchlicher Weise aus. Wie wollen Sie für Fairness sorgen? Und wie erreicht man eine gerechte Besteuerung der Riesen?
CDU/CSU: Digitale Plattformen sind ein zentraler Baustein der digitalen Wirtschaft, weil sie als Schnittstellen fungieren. Darum tragen sie eine besondere Verantwortung für den Wettbewerb. Mit dem Digitalisierungs-GWB haben wir als erstes Land der Welt einen neuen, zukunftsfähigen Rechtsrahmen geschaffen, der Tech-Giganten in die Schranken weist. Damit sichern wir den fairen Wettbewerb, die Innovationskraft unserer Unternehmen und die Wahlfreiheit der Verbraucher. Dies wollen wir auch auf EU-Ebene über den Digital Services Act und den Digital Markets Act gewährleisten.
Wir treten dabei für eine Gesetzgebung ein, die nutzerzentriert ist, kleinen und mittleren Unternehmen faire Bedingungen im digitalen Wettbewerb garantiert und Raum für Innovationen schafft. Wir wollen einen klaren Rechtsrahmen auf europäischer wie auf Bundesebene für digitale Plattformen. Haftung, Sicherheit, Gewährleistung, Software-Updates, Nutzerbewertungen und Produktrankings sind hierfür wichtige Gesichtspunkte. Wir setzen uns auf OECD-Ebene für eine faire Besteuerung der digitalen Wirtschaft ein. Große digitale Konzerne sollen ihre Steuern auch dort zahlen, wo sie ihre Umsätze erzielen.
Thema: Bürokratieabbau
Ob Verpackungsgesetz, Elektrogesetz oder Umsatzsteuer: Die bürokratischen Belastungen sind für KMU-Online-Händler enorm und nehmen oft mehr Zeit in Anspruch als das eigentliche Geschäft. Gerade kleine Unternehmen erwarten deutliche Vereinfachungen. Welche Entlastungen möchten Sie umsetzen?
Damit unsere Unternehmen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, müssen wir bürokratische Belastungen auf ein Minimum reduzieren. Der Abbau überflüssiger Bürokratie wirkt wie ein Konjunkturprogramm und stärkt den Standort Deutschland. Wir werden die Schwellenwerte für die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen erhöhen, die Ist-Versteuerung ausweiten und die Informations- und Statistikpflichten begrenzen. Bei den Ausfuhrkontrollen wollen wir eine feste Bearbeitungsfrist von 30 Tagen einführen. Im Arbeits- und Sozialrecht wollen wir die Schwellenwerte, die sich an der Betriebsgröße orientieren, so weit wie möglich vereinheitlichen und vereinfachen. Wir werden zudem die steuerlichen Betriebsprüfungen beschleunigen und modernisieren. Erfolgskontrolle, Praktikabilität und Erfüllungsaufwände von Gesetzen sollen künftig durch einen Praxis-Check – bei frühzeitiger Beteiligung der Wirtschaft – geprüft werden. Wir wollen auch EU-Vorgaben entbürokratisieren und diese grundsätzlich eins-zu-eins ohne zusätzliche Verschärfungen, umsetzen.
Thema: Innenstädte
Häufig werden Extrasteuern, Paketabgaben und erhöhte MwSt. für Online-Käufe gefordert. Das soll angeblich Innenstädte stärken, löst in Wahrheit aber nicht die strukturellen Probleme der Städte. Unterstützen Sie diese Forderungen? Wie wollen Sie einen starken stationären und digitalen Handel fördern?
Wir fokussieren uns vor allem auf die Stärkung des stationären Einzelhandels, indem wir Fußgängerzonen und Marktplätze in unseren Städten lebenswerter machen. Deshalb wer den wir einen Zukunftspakt für Innenstädte schmieden. Als wichtigen Teil des Pakts werden wir zusätzlich zu den bestehenden Städtebauprogrammen ein Förderprogramm „Attraktive Innenstadt“ auflegen, von dem auch kleinere Städte und Gemeinden profitieren. Damit wollen wir deutlich mehr Mittel bereitstellen, beispielsweise für die Modernisierung von Fußgängerzonen oder den Umbau von Passagen und Ladengeschäften. Zusätzlich werden wir die Digitalisierung des Einzelhandels unterstützen, denn weitere Investitionen in die digitale Transformation und digitale Kompetenzen sind unausweichlich – auch, um den Kundenfokus nicht zu verlieren. Gleichwohl müssen wir uns darum bemühen, das hohe Paketaufkommen zu reduzieren bzw. klimafreundlicher auszugestalten. Siehe dazu Antwort auf Frage 5.
Thema: Abmahnungen im Online-Handel
Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hindert branchen-bekannte Abmahnvereine und -anwälte nicht am massenhaften Abmahnen im Online-Handel, um Profit zu generieren. Wie wollen Sie das teils bereits gerichtlich festgestellte missbräuchliche Verhalten dieser Vereine und Anwälte eindämmen?
Es bleibt weiter das Anliegen von CDU und CSU, die Risiken für Unternehmen und Vereine durch geschäftsmäßig betriebene Abmahnungen effektiv zu verringern. Jedoch darf bei alledem die Rechtsdurchsetzung für redliche Abmahnungen nicht unnötig erschwert werden. Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs haben CDU und CSU ausdrücklich klargestellt, dass die missbräuchliche Geltendmachung von Abmahnkosten verboten ist. Das sind diejenigen Fälle, in denen eindeutig nicht die Durchsetzung des fairen Wettbewerbs bei der Abmahnung im Vordergrund steht, sondern allein das Kosteninteresse des Abmahnenden. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Abmahnungsmissbrauch konsequent bekämpft wird.
Thema: Retouren
Massenhafte Retouren belasten Umwelt, Verkehr und Wirtschaft. Lösungsansätze allein beim Händler greifen zu kurz – das Problem liegt beim Kunden. Wie wollen Sie die Zahl der Retouren senken und für ein Umdenken bei Verbrauchern sorgen? Wie stehen Sie zu einem Verbot kostenfreier Retouren?
Unser Ziel ist es, die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft auch in Europa voranzubringen. So wollen wir den nationalen Online-Handel im Hinblick auf dessen CO2-Bilanz und die Kreislaufwirtschaft nachhaltiger gestalten. Wir werden mit den Branchen etwa über die Möglichkeiten der Abfallreduzierung, über CO2-Kompensation, Retourenmanagement und Mehrwegverpackungen diskutieren. Auch eine Selbstverpflichtung des Handels für einen nachhaltigen Wirtschafts- und Handelsstandort Deutschland wäre vorstellbar.
Thema: Umsatzsteuer
Durch die EU-USt-Reform und die reduzierte Lieferschwelle für B2C-Fernverkäufe sind viele Online-Händler plötzlich im Ausland umsatzsteuerpflichtig. Die verschiedenen MwSt.-Sätze innerhalb der EU sind für KMU nicht alleine zu bewältigen. Wie stehen Sie zu einheitlichen MwSt.-Sätzen in der EU?
Wir befürworten, dass die EU-Mitgliedstaaten die Höhe der Umsatzsteuersätze im Rahmen der harmonisierten EU-Regeln zur Erhebung der Umsatzsteuer selbst bestimmen können. Gleichwohl sehen wir im Umsatzsteuersystem Potenzial zur Vereinfachung.
Thema: Binnenmarkt
Auch für kleine Online-Händler gewinnt das Thema des innereuropäischen Handels zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig sind die rechtlichen und bürokratischen Anforderungen eine echte Herausforderung. Was schlagen Sie vor, um den Binnenmarkt auch für kleinere Akteure einfacher erschließbar zu machen?
Wir unterstützen ausdrücklich die EU-KMU-Strategie: Zur Erschließung neuer Märkte und Geschäftsfelder brauchen insbesondere kleinere Akteure finanzielle Spielräume und Flexibilität. So setzen wir den Fokus auf die Entwicklung von Kapazitäten durch die Stärkung der Innovationskraft, indem wir die Anwendung eines Modells für Vorzugskapital prüfen und die bewährten Programme wie das Zentrale Investitionsprogramm Mittelstand (ZIM), die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Förderprogramm Innovationskompetenz INNO-KOM ausweiten. Das Ziel muss sein, einen verbesserten Zugang zu Finanzierungen zu erhalten. Zugleich müssen für KMU durch bürokratische Entlastungen mehr Freiräume und Kapazitäten geschaffen werden.