Abmahnungen der Firma Brand Commerce wegen Textilkennzeichnung

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Informationspflichten nach der Textilkennzeichnungsverordnung

Textil-Erzeugnisse dürfen nur dann auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn sie etikettiert oder gekennzeichnet sind. Das ist der Grundgedanke der Textilkennzeichnungsverordnung, denn Kunden sollen wissen, aus welchem Material ein Textilartikel besteht. Dazu gehört also auch eine Nennung der enthaltenen Fasern sowie die jeweilige Zusammensetzung bei Mischgeweben. Die korrekte Textilkennzeichnung lautet beispielhaft „100% Baumwolle“ oder „ganz Baumwolle“ oder „reine Baumwolle“. Bei Textil-Erzeugnissen mit verschiedenen Fasern sieht die Angabe beispielhaft wie folgt aus: „80% Baumwolle, 20% Polyester“.

Wichtig ist, dass nur die von der Verordnung zugelassenen Faserbezeichnungen verwendet werden. Die Bezeichnung „Mikrofaser" für kennzeichnungspflichtige Textilien ist beispielsweise nicht statthaft. Weitere Phantasie- und/oder Markennamen (z.B. „Acryl”, „Lycra“, „Spandex“ im Bereich Sport- und Funktionskleidung) sind ebenfalls keine zulässigen Angaben zur Textilfaserzusammensetzung und sollten vermieden werden. 

Falsche oder fehlende Textilkennzeichnung

Ein Verstoß gegen diese Vorgaben stellt einen Wettbewerbsverstoß dar, der eine kostenpflichtige Abmahnung nach sich ziehen kann. Sind die Angaben in der Artikelbeschreibung falsch eingefügt, handelt es sich zwar nicht um einen Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung, aber um eine ebenfalls abmahnfähige Irreführung.

Wer tausende Artikel im Angebot hat, muss daher sehr sorgfältig arbeiten – in der Hektik des Alltags unmöglich. Die Firma Brand Commerce GmbH nutzt die vielfach vorhandenen Fehler jedoch aus und lässt durch die deutschlandweit tätige und für seine massive Abmahntätigkeit bekannte Anwaltskanzlei CBH zahlreiche Abmahnungen gegenüber Online-Händlern im Bereich von Textilien wegen Verstoßes gegen die Textilkennzeichnungsverordnung aussprechen. Die abgemahnten Unternehmer gaben teilweise überhaupt keine Faserzusammensetzung an, oder verwendeten eine unzulässige Faserbezeichnung (insbesondere auch die Verwendung der Begriffe „Acryl“ und/oder „Spandex“). 

Die Abmahnerin betreibt selbst einen Online-Handel, unter anderem über Spreadshirt und amazon.de, in dem sie Kleidung, Accessoires und Schuhe anbietet. Die mit der Abmahnung beauftragte Kanzlei CBH fordert neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch die Kosten der Abmahnung. Insbesondere die nachdrückliche Forderung der Vertragsstrafe bei erneuten Verstößen sollte nicht unerwähnt bleiben.

Sind die Abmahnungen von Brand Commerce unberechtigt?

Tatsächlich ist es bei den Abmahnungen der Firma Brand Commerce besonders wichtig, ein zweites Mal hinzusehen. Zwar ist es generell sehr schwer, eine Abmahnung wegen einem Rechtsmissbrauch bzw. fehlender Berechtigung zur Abmahnung durchzusetzen. Uns liegt jedoch ein Urteil des Landgerichts Köln vor, in dem die Richter festgestellt haben, dass insbesondere das Wettbewerbsverhältnis kritisch zu hinterfragen sei (Urteil vom 08.05.2018, Aktenzeichen 31 O 318/17 - juris). Ein wahlloses Einstellen von kurzfristig erworbenen Bekleidungsrestposten in ad-hoc-erzeugte Amazon-Angebote kann zur Begründung einer Mitbewerberstellung nicht ausreichen, so der Leitsatz des Gerichts.

Von einem Wettbewerbsverhältnis könne man (insbesondere gegenüber einem Amazon-Händler) nicht sprechen, wenn Brand Commerce hauptsächlich über Spreadshirt handelt und auf Amazon lediglich wenige Produkte schnell eingestellt hat und dafür auch kein Umsatz nachgewiesen wird. Weiter heißt es, dass bei der Antragstellerin schon nicht davon ausgegangen werde, dass sie sich im Zeitpunkt der Verletzungshandlung ernsthaft angeschickt hätte, auf dem Markt des Vertriebes von Bekleidungsstücken tatsächlich in relevantem Umfang tätig zu werden und dass die Lizenzierung von Bedruckungsmotiven für Bekleidung (über Spreadshirt) hierfür nicht ausreiche. Die Legitimation zur Abmahnung eines Amazon-Händlers bei alleinigem Handel auf Spreadshirt und nicht nennenswertem oder gar keinem nachweisbaren Umsatz dort, dürfte also sehr kritisch zu hinterfragen sein.

Vorwurf: Rechtsmissbrauch

Ob sich das Abmahnen der Firma Brand Commerce sogar als rechtsmissbräuchlich einordnen ließe, mussten die Richter in Köln (s.o.) zwar nicht mehr entscheiden. Dennoch ließen sie es sich nicht nehmen, zum möglichen Rechtsmissbrauch noch ein paar Wort zu verlieren. „Gleichwohl geben die Gesamtumstände ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Vorgehen der Antragstellerin rechtsmissbräuchlich sein könnte. Es besteht insbesondere ausreichender Grund zur Annahme, dass die Abmahntätigkeit der Antragstellerin lediglich im Kosteninteresse erfolgt.“ Es bestünden erhebliche Zweifel an der Abmahntätigkeit der Firma Brand Commerce sowie der gewerblichen Tätigkeit, so die Begründung eines weiteren Urteils aus diesem Jahr, welches uns anonym zugeleitet wurde.

Der Händlerbund hat über seine Partnerkanzlei bisher (2017-2019) ebenfalls schon zehn gerichtliche Verfahren wegen Abmahnungen der Firma Brand Commerce geführt. Dabei waren ebenfalls weniger die Wettbewerbsverstöße an sich Gegenstand, sondern vielmehr die Mitbewerbereigenschaft oder der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

Problem: Fliegender Gerichtsstand

Abmahnungen wie die der Firma Brand Commerce könnten zumindest bald der Vergangenheit angehören. Mit dem geplanten Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs haben Abmahnungen wegen Verstößen gegen die Kennzeichnungsvorschriften bald keinen Kostenanreiz mehr. Zudem werden Abmahner wie Brand Commerce nicht mehr den fliegenden Gerichtsstand (aus)nutzen und sich ein Gericht auswählen können, welches (vermutlich) zu ihren Gunsten entscheidet. Im Online-Handel ist für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen damit in aller Regel das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

 

Der Händlerbund hilft!

Verstöße gegen die Textilkennzeichnungspflicht sind sowohl wettbewerbsrechtlich als auch ordnungsstrafrechtlich relevant. Zur Vermeidung einer eigenen Abmahnung empfehlen wir dringend, die von Ihnen in Ihrem Shop angebotenen Textilerzeugnisse im Hinblick auf die Einhaltung der Textilkennzeichnungsvorschriften zu kontrollieren.

Wenn Sie eine Abmahnung bzgl. einer Textilkennzeichnung erhalten haben, sollte diese einer individuellen Prüfung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt unterzogen werden. Hier können Sie  Ihre Abmahnung direkt zum Händlerbund hochladen - wir melden uns schnellstmöglich bei Ihnen und übernehmen alle weiteren Schritte für Sie.

 

 

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