Digital Markets Act: Kurz & Kompakt
- Der DMA forciert die Regulierung von großen digitalen Plattformen wie Google, Amazon und Facebook, um Wettbewerb und Innovation zu fördern.
- Er verbietet bestimmte Verhaltensweisen, die als missbräuchlich angesehen werden, wie beispielsweise das Vorzugsbehandlung eigener Dienste oder das Verhindern des Zugangs zu Daten für Konkurrenten.
- Plattformen müssen eine Interoperabilität gewährleisten, um den Wettbewerb zu fördern und die Wahlfreiheit der Verbraucher zu verbessern.
- Die Gatekeeper müssen transparent über ihre Dienste, Algorithmen und Geschäftspraktiken informieren.
- Bei Verstößen gegen die DMA-Bestimmungen drohen den betroffenen Unternehmen hohe Geldstrafen von bis zu 10% ihres weltweiten Jahresumsatzes.
Was ist der Digital Markets Act (DMA)?
Was offline verboten ist, soll auch online verboten sein. Oftmals bestehen jedoch gerade bei diesem Thema jede Menge gesetzliche Lücken. Mit dem DMA, auch bekannt als das Gesetz über Digitale Märkte, will man nun ein „Grundgesetz fürs Internet“ in Position bringen, was in Bezug auf diese Behauptung vielleicht ein wenig hochgestapelt ist - aber immerhin ein Anfang.
Mit dem DMA will die EU ihr Wettbewerbsrecht modernisieren und an die neuen Herausforderungen anpassen, die im Zusammenhang mit digitalen Riesenunternehmen wie Amazon, Google, Apple oder Meta entstanden sind. Solche Digitalriesen sollen beispielsweise künftig nicht erst kartellrechtlich beobachtet werden, wenn ihre Marktmacht zu groß ist. Vielmehr soll proaktiv verhindert werden, dass einzelne Unternehmen zu mächtig in ihrem Markt werden. So soll der Wettbewerb zwischen europäischen Unternehmen und US-Riesen fairer gestaltet werden.
Was genau wird mit dem DMA reguliert?
Der DMA soll den Markt für digitale Angebote regulieren, um den Wettbewerb zu stärken und digitale Plattformen transparenter und fairer zu gestalten. Das Gesetz gilt für große Online-Plattformen, die als sogenannte „Gatekeeper" fungieren und erheblichen Einfluss auf den Markt haben. Diese Gatekeeper erhalten Verhaltensregeln, die sie einhalten müssen. Beispielsweise wird es ihnen verboten, eigene Produkte und Angebote bevorzugt zu präsentieren, sogenanntes Self-Preferencing. Im Online-Handel wurde diese Praktik allem auf Amazon beobachtet und kritisiert. Außerdem sollen Gatekeeper personalisierte Werbung künftig nur noch mit Einwilligung der Verbraucher ausspielen dürfen. Dark Patterns, also manipulative Schaltflächen, sollen bei der Einwilligung verboten werden.
Eine besondere Neuerung wird es durch den DMA bei Messengern geben. Denn die großen Messenger – vor allem WhatsApp – werden sich öffnen müssen. Künftig sollen auch Nutzer kleinerer Messenger, wie Telegram, Threema oder Signal, Nachrichten mit WhatsApp-Usern austauschen können, ohne selbst WhatsApp installiert zu haben. Keine Interoperabilität gibt es hingegen für Social-Media-Plattformen.
Eine unabhängige Aufsichtsbehörde wird geschaffen, um die Einhaltung des DMA zu überwachen und Verstöße zu ahnden.
Was ist der Unterschied zum Digital Services Act (DSA)?
Der DSA zielt hingegen darauf ab, die Regeln für verschiedene Arten von digitalen Diensten anzupacken, einschließlich sozialer Medien, Online-Marktplätze und anderer Online-Dienstleistungen. Er betrifft eine breitere Palette von Unternehmen als der DMA und zielt darauf ab, die Verantwortlichkeit und Transparenz in Bezug auf Online-Inhalte zu verbessern.
Der DSA konzentriert sich auf Fragen im Zusammenhang mit der Haftung für Online-Inhalte, die Moderation von Inhalten, die Bekämpfung illegaler Inhalte und die Förderung der Transparenz von Online-Plattformen.
Sind Online-Händler betroffen, die z. B. auf Amazon handeln?
Der DMA betrifft kleinere Online-Händler, die auf großen Plattformen wie Amazon handeln, nur indirekt, denn der DMA konzentriert sich hauptsächlich auf die Regulierung von großen Online-Plattformen (s. o.), die als Gatekeeper fungieren.
Durch die Regulierung von Gatekeepern wie Amazon soll der DMA sicherstellen, dass der Wettbewerb fair bleibt. Dies könnte bedeuten, dass Amazon beispielsweise keine eigenen Produkte bevorzugt oder die Produkte kleinerer Händler benachteiligt, was letztendlich kleinen Händlern zugutekommen könnte. Der DMA zielt zudem darauf ab, die Transparenz und den Zugang für andere Marktteilnehmer zu verbessern. Dies könnte bedeuten, dass kleine Händler möglicherweise einfacher Daten oder Dienste auf der Plattform nutzen können (z. B. Zugriff auf Transaktionsdaten, bessere Einflussmöglichkeiten auf Rankings und Algorithmen), was ihnen helfen könnte, ihre Produkte besser zu vermarkten oder effizienter zu verkaufen.
Für welche Unternehmen gilt der DMA?
Eine Streitfrage rund um den DMA war lange, für welche Unternehmen er eigentlich gelten soll. Gatekeeper sind nunmehr solche Unternehmen, die einen weltweiten Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder einen Marktwert von mindestens 75 Milliarden Euro haben. Außerdem müssen sie zwischen mindestens 10.000 aktiven gewerblichen Nutzern und mehr als 45 Millionen Verbrauchern über einen zentralen Plattformdienst vermitteln, bezogen auf den Plattformdienst. Dies betrifft nur sehr wenige, extrem große Unternehmen und auch in der Praxis streiten sich die Unternehmen bereits jetzt darüber, wie sie sich aus dieser Pflicht durch clevere Unternehmensstrukturen herauswinden können. In der EU sind schätzungsweise etwa 10 bis 15 Unternehmen betroffen, z. B. Alphabet, Amazon, Apple, Bytedance (Tiktok), Meta und Microsoft.
Glossar
- Gatekeeper: Bezeichnet große Online-Plattformen, die eine beherrschende Stellung auf dem Markt haben und über erhebliche Macht verfügen, den Zugang anderer Marktteilnehmer zu kontrollieren.
- Interoperabilität: Die Fähigkeit verschiedener digitaler Systeme oder Plattformen, miteinander zu kommunizieren und Daten auszutauschen, um die Benutzerfreundlichkeit und den Wettbewerb zu fördern.
- Verhaltensregeln: Regeln und Vorschriften, die von Gatekeepern befolgt werden müssen, um fairen Wettbewerb sicherzustellen, wie beispielsweise das Verbot der Selbstpräferenzierung oder der Benachteiligung von Wettbewerbern.
- Aufsichtsbehörde: Eine unabhängige Institution oder Behörde, die mit der Überwachung und Durchsetzung des Digital Markets Act beauftragt ist, um sicherzustellen, dass die Regeln eingehalten werden.
- Sanktionen: Maßnahmen oder Strafen, die von der Aufsichtsbehörde gegen Unternehmen verhängt werden können, die gegen die Bestimmungen des Digital Markets Act verstoßen, wie zum Beispiel Geldstrafen in Höhe von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes.
Gibt es Ausnahmen für bestimmte Konzerne?
Ja, der Digital Markets Act (DMA) sieht Ausnahmen für Dienste und Unternehmen vor, die keine Gatekeeper sind. Wenn ein Dienst oder ein Unternehmen nicht über eine ausreichende Marktmacht verfügt, um als Gatekeeper betrachtet zu werden, könnte er von den Bestimmungen des DMA ausgenommen werden. Dies könnte der Fall sein, wenn ein Dienst oder Unternehmen einen geringen Marktanteil hat oder in einem Wettbewerbsumfeld mit vielen Konkurrenten operiert. Die endgültige Entscheidung über einen Gatekeeper-Status wird von der EU-Kommission getroffen und kann von Fall zu Fall variieren.
Entstehung des Digital Markets Act
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2018Überprüfung der bestehenden Wettbewerbsregeln im digitalen Bereich
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06/2020Erster Entwurf wird veröffentlicht
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09/2020Konsultation zum Entwurf beginnt
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12/2020Gesetzgebungsverfahren mit finalem Entwurf beginnt
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2021Verhandlungen im Europäischen Parlament
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06/2022Beschluss des finalen Textes
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11/2022Inkrafttreten
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05/2023Anwendbarkeit der Vorschriften
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07/2023Benennung der Gatekeeper durch die Kommission
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03/2024Vollständiges Inkrafttreten und Umsetzung der Vorschriften durch die Betroffenen
Wie profitieren Verbraucher vom DMA?
Ziel ist es im Endeffekt, dass vor allem Nutzer und Endkunden profitieren. Gatekeeper dürfen Verbraucher beispielsweise nicht untersagen, sich außerhalb der Plattform an Unternehmen zu wenden. Nutzer dürfen außerdem nicht daran gehindert werden, vorab installierte Software von Geräten zu deinstallieren. Gewerblichen Mitgliedern der Plattformen muss es zudem ermöglicht werden, Angebote zu bewerben und Verträge mit der Kundschaft auch außerhalb der Gatekeeper-Plattform zu schließen.
Dies hat folgende Vorteile:
- Mehr Auswahl und Vielfalt: Durch die Förderung eines fairen Wettbewerbs könnte der DMA dazu beitragen, dass Verbraucher Zugang zu einer größeren Vielfalt von Produkten und Dienstleistungen erhalten, da kleinere Anbieter besser in der Lage sein könnten, auf großen Plattformen wie Amazon zu konkurrieren.
- Bessere Preise und Qualität: Ein fairer Wettbewerb könnte auch zu niedrigeren Preisen und einer verbesserten Qualität von Produkten und Dienstleistungen führen, da Unternehmen gezwungen sind, effizienter zu arbeiten und sich stärker um die Zufriedenheit der Verbraucher zu bemühen.
- Datenschutz und Transparenz: Der DMA zielt auch darauf ab, den Schutz von Verbraucherdaten zu verbessern und die Transparenz darüber, wie ihre Daten verwendet werden, zu erhöhen, was den Verbrauchern ein größeres Vertrauen in Online-Plattformen geben könnte.
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Mögliche Risiken und Kritikpunkte
Kritiker befürchten, dass die Regulierung durch den DMA dazu führen könnte, dass große Plattformen ihre Position weiter festigen und kleinere Wettbewerber vom Markt verdrängen, anstatt den Wettbewerb tatsächlich zu fördern. Die starke Regulierung könnte auch dazu führen, dass große Plattformen weniger Anreize haben, in Innovationen zu investieren, da sie stärker reguliert werden und möglicherweise größere Risiken eingehen müssen, was langfristig zu einem stagnierenden Innovationstempo führen könnte, heißt es.
Viele möglicherweise betroffene Unternehmen wehren sich daher gegen den DMA. Die Definition von Gatekeeper sei so formuliert, dass auch kleinere Plattformen betroffen sein können. Denn es werden nicht ausschließlich die wirklich zahlenden Kunden gezählt, sondern ebenso die reinen Besucher eines Portals, was die Ergebnisse „stark verzerren“ könnte. Unter die Beschränkungen würden demnach alle Unternehmen fallen, die 45 Millionen Endkunden (also auch Besucher) sowie 10.000 gewerbliche Nutzer innerhalb der EU bedienen. Das betrifft dann auch Anbieter wie Zalando oder Booking.com – auch wenn diese nicht die gleiche Marktmacht wie Apple besitzen.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Verstoßen Gatekeeper gegen den DMA, könnten Strafen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes fällig werden. Sollten die Verstöße öfter vorkommen, können sich die Sanktionen auf bis zu 20 Prozent erhöhen. Im Extremfall und bei systematischer Nicht-Beachtung des DMA, kann die EU-Kommission Unternehmen sogar zerschlagen.
„Zu lange haben die großen Digitalriesen wie Google, Facebook, Amazon und Co. den Markt dominiert, sodass es neuen Wettbewerbern fast unmöglich war, Fuß zu fassen. Künftig gilt für alle großen Digitalunternehmen ein klarer Verhaltenskodex.“
Sven Giegold (Die Grünen), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium zum DMA
Fazit
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