Könnten Verbraucher bald in einigen Fällen Schadensersatz erhalten, wenn Händler unlautere Werbung geschaltet haben? Müssen Online-Händler anzeigen, wenn Preise automatisch personalisiert wurden? Wie könnte mehr Transparenz auf Online-Marktplätzen erreicht werden?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich am 19. April die Abgeordneten im Rechtsausschuss des Bundestags und luden dafür acht Sachverständige ein, um mit diesen den Verbraucherschutz im Online-Handel zu erörtern. Hintergrund ist das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der EU-Omnibus-Richtlinie. Bis Juli sollen die europäischen Verbraucherschutzregelungen auch in Deutschland gelten.
Zwei Gesetze standen zur Debatte
In der Sachverständigenanhörung ging es um zwei Gesetzentwürfe, mit denen die Omnibus-Richtlinie in Deutschland umgesetzt werden soll. Das sind das Gesetz zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union und das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht.
Die Gesetze sehen eine ganze Reihe von neuen Regelungen vor, die für den Online-Handel relevant wären. Betreiber von Online-Marktplätzen sollen künftig...
- … Rankingparameter offenlegen, die für die Darstellung von Suchergebnissen relevant sind.
- … deutlicher kennzeichnen, ob es sich bei einem Verkäufer auf dem Marktplatz um einen gewerblichen oder privaten Anbieter handelt.
- … kennzeichnen, ob geschäftliche oder unternehmerische Beziehungen zwischen dem Marktplatz und Anbietern auf dem Marktplatz bestehen.
- … ausweisen, wie hoch der Originalpreis von Tickets war, die über den Marktplatz weiterverkauft werden.
Auf Händler kommen folgende Regeln zu:
- Wer Fake-Bewertungen nutzt oder gefälschte Bewertungen als echt ausgibt, soll künftig mit Sanktionen durch Mitbewerber und Verbraucher rechnen können.
- Händler sollen darüber informieren, ob und wie sie die Authentizität der Bewertungen in ihrem Shop sicherstellen.
- Verbraucher sollen Schadensersatz verlangen können, wenn sie durch unlautere geschäftliche Handlungen von Händlern geschädigt wurden.
- Künftig sollen Verbraucher informiert werden, wenn im Shop personalisierte Preisfindung genutzt wird.
- Bei grenzüberschreitenden Verstößen drohen hohe Bußgelder.
Außerdem werden endlich konkrete Regelungen aufgestellt, die vorschreiben, wie und in welchen Fällen Influencer in den Sozialen Medien Werbung kennzeichnen müssen. Hier bestand jahrelang enorme Rechtsunsicherheit.
Der Händlerbund hat zu den Gesetzentwürfen beim Bundesjustizministerium detailliert Stellung bezogen. Den Inhalt der Stellungnahmen kann man in diesen Artikeln nachlesen:
- Mehr Informationspflichten und drohende Bußgelder für Händler
- Verbraucher sollen Schadensersatz von Händlern erhalten
- Influencer-Werbung: Das plant die Bundesregierung
Diskussion zwischen Sachverständigen
Die Debatte im Bundestag ging wie erwartet darum, wie verhältnismäßig die neuen Regelungen im Verbraucherschutz sind. Gegner des geplanten Schadensersatzes für Verbraucher argumentierten, dass die Belastungen für Unternehmen möglichst gering ausfallen müssten. Eine verlängerte Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch lehnten die Wirtschaftsvertreter ab. Erwartungsgemäß entgegnete der Verbraucherzentrale Bundesverband sogar noch eine Verschärfung der jetzt vorgeschlagenen Schadensersatzregelungen.
Lob und Kritik gab es auch für die neuen Transparenzregeln für Online-Marktplätze. Diese Regeln gehen über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus, und müssten deshalb kritisch beäugt werden, sagte ein Vertreter vom Deutschen Anwaltverein. Die Sachverständigen von der Vereinigung der Familienunternehmer und vom Handelsverband begrüßten in ihren Stellungnahmen die Einführung der Transparenzregeln. Auch der Händlerbund sieht diese Regelungen als eine Chance für faireren Wettbewerb und Chancengleichheit auf Marktplätzen.
Nächster Halt: Bundestag-Plenum
Nach der Sachverständigenanhörung werden die Gesetzesentwürfe derzeit noch in den Bundestagsausschüssen diskutiert. Noch ist nicht klar, ob es zu Änderungen an den Gesetzestexten kommen wird. Klar ist, dass die Gesetze noch vor Juli im Bundestag-Plenum landen sollen. Dann sollen beide Gesetze jeweils die zweite und dritte Lesung durchlaufen und verabschiedet werden.
Der Händlerbund beobachtet das Verfahren und wird seine Mitglieder frühzeitig über wichtige Änderungen im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht informieren, ebenso falls Änderungen an den Rechtstexten im Online-Shop notwendig werden.