Online-Händler können sich für das Jahr 2021 auf diverse rechtliche Entwicklungen einstellen. Von neuen Urteilen bis zu Gesetzesänderungen und vollkommen neuen Vorschriften wird im Bereich des E-Commerce einiges los sein. Zur Vorbereitung geben wir hier einen Überblick über wichtige Vorhaben und anstehende Veränderungen.
Mehrwertsteuersenkung nimmt ihr Ende
Zum 1. Juli 2020 kam es zu einer Besonderheit im Steuerrecht: Die geltenden Mehrwertsteuersätze von sieben und 19 Prozent wurden anlässlich der Corona-Pandemie vorübergehend auf fünf und 16 Prozent gesenkt, die Gastronomie profitierte stellenweise von einer weiteren Senkung, die noch bis zum 30. Juni 2021 gilt. Die Maßnahme sollte durch niedrigere Endpreise die Wirtschaft ankurbeln. Das Ganze gilt jedoch nur temporär und findet sein Ende mit Ablauf des 31. Dezember 2020. Ab dem 1. Januar 2021 gelten wieder die üblichen MwSt.-Sätze. Eine Verlängerung dieser Regelung ist bislang nicht geplant. Online-Händler müssen dies berücksichtigen und entsprechende Änderungen in ihren Systemen vornehmen, zum Beispiel bei Kassen und in der Rechnungslegung. Antworten auf häufige Fragen finden Interessierte hier.
Neue Energieeffizienzlabels
Diverse Elektrogeräte müssen mit Labels ausgestattet sein, die Auskünfte zur Energieeffizienz geben. Auch hier stehen Änderungen an: Größtenteils ab März 2021 müssen neue Energieeffizienzlabels genutzt und dargestellt werden. Hat ein Gerät, wie zum Beispiel eine Waschmaschine, in diesem Jahr noch die Effizienklasse A+++, wird es sich künftig eher in den Klassen C, D oder E wiederfinden. Der Hintergrund ist, dass die Labels nicht nur neu gestaltet werden und künftig z.B. mit einem QR-Code daherkommen, sondern dass auch die verschiedenen Energieeffizenzklassen (EEK) neu eingeteilt werden. Auch die Messmethoden werden verändert. Zudem reicht die Skala künftig wieder von A bis G. Die Klassen A+, A++ und A+++ gibt es dann nicht mehr.
Für Spülmaschinen, Waschmaschinen, Waschtrockner, Kühl- und Gefriergeräte sowie Fernseher und Monitore müssen die neuen Labels ab dem 1. März 2021 verwendet werden. Eine Übergangsfrist besteht bis zum 18. März 2021. Ab diesem Zeitpunkt dürfen nur noch die neuen Labels verwendet werden. Auch während der Übergangsfrist ist jedoch darauf zu achten, dass beide Varianten gleichzeitig gezeigt werden.
Bei Lampen sind die neuen Labels etwas später dran: Ab dem 1. September 2021 müssen Online-Händler hier darauf achten, dass die neuen Labels parallel zu den alten Labels für eineinhalb Jahre gezeigt werden.
Jahressteuergesetz und Mehrwertsteuerreform
Die EU will Mehrwertsteuerbetrug bekämpfen und gleichzeitig die Erhebung der Steuer bei Internetverkäufen vereinfachen. Die Vorgaben des Unionsrechts werden in Deutschland mit dem Jahressteuergesetz umgesetzt, welches zum Ende jeden Jahres verabschiedet wird und die neuesten steuerrechtlichen Vorhaben in die Praxis bringt.
Auswirken werden sich die Änderungen in diesem Durchlauf insbesondere im grenzüberschreitenden Handel. So hing es bisher von länderindividuellen Lieferschwellen ab, wo sich ein Händler steuerlich zu registrieren hatte. Künftig gibt es eine einheitliche Geringfügigkeitsschwelle von 10.000 Euro, welche je Händler für alle entsprechenden Verkäufe ins EU-Ausland gilt. Wird diese Grenze überschritten, müssen die Verkäufe unter den Bedingungen des jeweiligen Zielstaates versteuert werden.
Deutlich mehr Händler werden ihre Verkäufe insofern künftig im Ausland versteuern müssen. Auch dieser Prozess wird künftig vereinheitlicht: Neu geschaffen wird der sog. One-Stop-Shop (OSS). Händler können ihre Mehrwertsteuerbeträge dabei zentral über das Bundeszentralamt für Steuern in Deutschland melden und abführen. Eine aufwändige Registrierung in anderen EU-Ländern ist so nicht mehr nötig. Gelten sollen die neuen Regeln ab dem 1. Juli 2021.
Ebenfalls ab diesem Datum fällt die Freigrenze von 22 Euro für Warenlieferungen aus Drittstaaten weg. Damit fällt die Einfuhrumsatzsteuer bereits ab dem ersten Cent an.
Änderungen am Batteriegesetz und Elektrogesetz
Zum 1. Januar 2021 treten Änderungen am Batteriegesetz in Kraft. Diese betreffen maßgeblich die Hersteller bzw. Inverkehrbringer von Batterien. Online-Händler sind im Regelfall lediglich Vertreiber und nicht weiter von Änderungen betroffen: Die Hinweispflichten bleiben unverändert bestehen. Doch Vorsicht ist angebracht: Wenn ein Händler eine Batterie erstmals in Deutschland auf dem Markt anbietet, etwa weil er sie aus dem Ausland bezogen hat, unterliegt er Herstellerpflichten. Gleiches gilt, wenn vorsätzlich oder fahrlässig Batterien von Herstellern anbietet, die sich nicht ordnungsgemäß angezeigt haben. Im Zuge der Neuregelung wird aus der Anzeigepflicht eine vollumfängliche Registrierungspflicht. Das Batterie-Melderegister wird künftig als Herstellerregister von der Stiftung ear geführt.
Auch in Sachen Elektrogesetz stehen Veränderungen an. Praktisch relevant werden dürften diese aber erst im Jahr 2022. So sind etwa neue Hinweispflichten für batteriebetriebene Elektrogeräte im Gespräch, und auch hinsichtlich der Rücknahmepflichten wird es voraussichtlich zu Änderungen kommen. Neuerungen werden sich wohl aber insbesondere für Marktplätze ergeben: Der Entwurf des sog. ElektroG3 sieht eine Ausweitung ihrer Pflichten vor. Sie sollen regelmäßig dort von Dritthändlern angebotene Produkte kontrollieren müssen. Bei Verstößen sollen Bußgelder drohen.
ePrivacy-Verordnung und TTDSG
Die ePrivacy-Verordnung ist eine scheinbar unendliche Geschichte. Das europäische Regelwerk, das etwa Vorgaben zum Umgang mit Cookies neu regeln wird, sollte eigentlich gemeinsam mit der DSGVO in Kraft treten. Doch, Stand heute, ist sie noch immer nicht geltendes Recht. Ein zuletzt von Deutschland eingebrachter Vorschlag konnte sich nicht durchsetzen. Wie es weitergeht, ist zur Zeit ungewiss. Doch unter anderem das Thema Cookies ist auch direkt auf deutscher Ebene ein Thema. Einen Entwurf gibt es zum sog. TTDSG, dem Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz. Neben der Cookie-Einwilligung wird es wohl auch Regeln zu Geräten wie Sprachassistenten geben, die sich zum Abhören eignen, und auch die Nutzung von Standortdaten soll reglementiert werden. Die Bundesregierung will sich Ende Dezember 2020 mit dem Gesetz befassen.
BGH: Informationspflicht über Herstellergarantien
Urteile dürfte es im Jahr 2021 so einige spannende und folgenreiche geben. Für Online-Händler sind diese sehr wichtig: Wo viele Gesetze relativ allgemeine Aussagen treffen, geben Urteile oft die Richtung bei den so wichtigen Details vor. Am 11.02.2020 wird etwa der BGH sein Urteil hinsichtlich der Informationspflicht von Händlern über herstellerseitig angebotene Garantien verkünden. Ein komplexes Thema, in dem ein höchstgerichtliches Urteil ein großes Maß an Rechtssicherheit verspricht, gerade da bisherige Urteile von vornehmlich Landgerichten hinsichtlich Informationspflicht und -umfang unterschiedlich ausfielen. Konkret geht es hier nun um einen Händler, der in einer Produktdetailseite auf ein Handbuch des Herstellers verlinkte. Dieses enthielt auch Garantieinformationen – welche allerdings nicht vollständig waren. Nun geht es um die Frage, inwiefern sich dies auf den Händler auswirkt.
Limited & Co. – Der Brexit
Großbritannien ist seit dem 1. Februar 2020 nicht mehr Mitglied der EU, Übergangsregelungen gelten 2020 allerdings noch. Die Übergangsfrist läuft hier bis zum 31.12.2020. Und dann? Internationaler Handel, Lieferanten, Steuern und Zoll, Erwerbstätigkeit und Gesellschaftsrecht – wie es mit UK weitergeht, das hat nicht nur wegen der Rechtsform Limited (Ltd.) Auswirkungen in vielen Dimensionen. Ob noch ein Freihandelsabkommen geschlossen wird oder der endgültige Brexit gar ungeregelt verläuft, ist zur Zeit unklar. Weitere Informationen sind hier erhältlich.
Adieu Verbrauchsgüterkaufrichtlinie: Warenkauf und digitale Inhalte
Diese Änderungen werden zwar erst 2022 relevant, doch 2021 bereits sehr sichtbar: Bis zum 1. Juli 2021 muss der deutsche Gesetzgeber die sog. Warenkauf-Richtlinie und die Digitale Inhalte und Dienste-Richtlinie umgesetzt haben. Die Anwendung folgt dann ab dem 1. Januar 2022. Zu diesem Zeitpunkt wird auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aufgehoben. Online-Händlern stehen hier einige Änderungen bevor, etwa im Hinblick auf das Gewährleistungsrecht und die Einordnung von Verträgen über digitale Inhalte.
Bußgelder für Verstöße gegen Informationspflichten: Die Umsetzung der Omnibus-Richtlinie
Letztlich werden auch diese Regeln erst Mitte 2022 relevant: Die sogenannte Omnibus-Richtlinie regelt diverse Bereiche aus dem E-Commerce neu. Harmlos fängt es mit der Tatsache an, dass die Faxnummer künftig nicht mehr in die Widerrufserklärung gehört. Intensiver werden die neuen Regelungen im Bereich der Informationspflichten: Insbesondere Marktplätze müssen Verbraucher über Ranking-Faktoren informieren, so wie über die Tatsache, ob es sich beim Verkäufer um einen Gewerbetreibenden oder eine Privatperson handelt. Neben der speziellen Regelung der Influencer-Werbung wird es auch im UWG weitere Neuregelungen geben. Das betrifft etwa die Schwarze Liste, die jene Geschäftspraktiken enthält, die jedenfalls unlauter sind. Die Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen etwa kommt neu hinzu.
Letztlich wird die Verletzung von Verbraucherinteressen mit grenzüberschreitendem Bezug künftig mit Bußgeldern bewährt werden können. Verbraucher können außerdem einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn sich ein Händler unlauter verhält und sie dadurch geschädigt werden. Wie genau sich die künftige Rechtslage in diesen Beziehungen gestaltet, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Die deutschen Umsetzungsgesetze sind zur Zeit noch im Entwurfsstadium. Der Händlerbund hat jedoch bereits Stellung bezogen.