Sinn und Zweck der Betriebsvereinbarung
Betriebsvereinbarungen sind allgemeine Regelungen, die auf einem Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat beruhen. Sie gelten für alle Arbeitnehmer des Betriebs oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen. Eine Betriebsvereinbarung dient dazu, Regelungen schriftlich zu fixieren, die die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer in einem Unternehmen festlegen. Das können ganz allgemeine Grundsätze, wie etwa zur Urlaubsplanung oder den Arbeitszeiten- und/ oder Pausenregelung sein, oder auch bestimmte Verhaltensvorgaben für den Umgang mit Kunden. Aber auch Provisionen, Lohnzuschläge oder auch Zielvereinbarungen können geregelt werden.
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Gesetzliche Regelung und Geltungsbereich
Das Betriebsverfassungsgesetz nennt in § 77 BetrVG die Betriebsvereinbarungen. Darin enthalten ist die Bestimmung über das Zustandekommen, die einzuhaltenden Formalitäten und vom Regelungsbereich ausgeschlossene Inhalte. Darüber hinaus bestimmt § 77 BetrVG auch den Regelungscharakter und die Beendigung der Vertragsvereinbarung. Eine Betriebsvereinbarung gilt nur in dem Unternehmen, in dem sie vereinbart wurde. Bei Konzernen wird der zuständige Konzernbetriebsrat für den Abschluss tätig.
Zustandekommen der Betriebsvereinbarung
Die Betriebsvereinbarung muss vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat gemeinsam beschlossen, schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterzeichnet werden. Auf Seiten der Arbeitnehmer ist ausschließlich der Betriebsrat dazu berechtigt; weder einer Gewerkschaft, noch einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern oder einzelnen Arbeitnehmern obliegt der Abschluss der Vereinbarung. Der gemeinsame Beschluss zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat muss zwingend schriftlich niedergelegt und vom gesamten Betriebsrat beschlossen werden.
Das bedeutet, dass weder der Vorsitzende allein noch die Funktionäre dazu befugt sind, eine rechtsgültige Vereinbarung abzuschließen. Ist sich der Betriebsrat über die Annahme der ausgehandelten Betriebsvereinbarung einig und wird sie beschlossen, ist der Vorsitzende des Betriebsrats dazu ermächtigt, die Annahme mit seiner Unterschrift zu bestätigen. Ebenso hat der Arbeitgeber die Vereinbarung zu unterzeichnen.
Der Betriebsrat ist ein Zusammenschluss von Arbeitnehmern. Er stellt das „Sprachrohr” der Angestellten dar und vertritt die Interessen aller gegenüber dem Arbeitgeber. Für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist die Existenz eines Betriebsrats entscheidend. Existiert in einem Unternehmen kein gewählter Betriebsrat, ist auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung unmöglich. Im Gegenzug können Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings andere Vertragswerke schaffen. Diese können dann einseitig vom Arbeitgeber aufgesetzt werden.
Rechte und Pflichten für den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, an der Ausarbeitung der Betriebsvereinbarung mitzuwirken. Nach Abschluss der Verhandlungen ist die Betriebsvereinbarung vom Arbeitgeber zu unterzeichnen. Gemäß § 77 Absatz 3 Satz 3 BetrVG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Betriebsvereinbarung an geeigneter Stelle für alle betroffenen Arbeitnehmer offenzulegen.
Auswirkungen auf Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer gelten die Regelungen unmittelbar und zwingend (§ 77 Absatz 4 BetrVG); sie haben „Gesetzescharakter”. Die Betriebsvereinbarung muss auch nicht im Arbeitsvertrag erwähnt werden. Nicht entscheidend ist die konkrete Kenntnis der Arbeitnehmer von den Inhalten. Auch wenn Arbeitnehmer nicht genau über die jeweiligen Regelungen Bescheid wissen, sind die Bestimmungen dennoch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Inhalte und Grenzen Die Inhalte einer Betriebsvereinbarung können vielfältig sein. Vorwiegend werden Themen aufgegriffen, bei denen dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Den Inhalten werden jedoch auch Grenzen gesetzt. Folgende Voraussetzungen sind dabei zu beachten:- Die Vereinbarung kann für das gesamte Unternehmen oder auch nur einzelne Bereiche geschlossen werden. Davon umfasst sind alle dort Beschäftigten unabhängig davon, wann das Arbeitsverhältnis begonnen hat.
- Einzelvereinbarungen können vom Arbeitgeber ebenso abgeschlossen werden. Ihre Gültigkeit ist jedoch davon abhängig, dass sie den Arbeitnehmer gegenüber der Betriebsvereinbarung begünstigen.
- Sie ist für alle Beschäftigten maßgebend und zwingend. Möchte ein Arbeitnehmer auf seine Rechts aus der Betriebsvereinbarung verzichten (einzelvertraglicher Anspruchsverzicht), muss der Betriebsrat dem zustimmen.
- Werden bestimmte Sachverhalte bereits in anderen Schriftstücken vollständig und abschließend geregelt, können diese nicht Teil einer Betriebsvereinbarung sein.
- Werden Sachverhalte bereits in höherrangigen Rechten (Gesetze, EU-Recht, Verordnungen, Tarifverträge) geregelt, dürfen diese ebenfalls nicht Teil der Betriebsvereinbarung sein.
- Der Betriebsrat darf sich nicht in die Leitung des Unternehmens einmischen: Klassische Aufgaben, die der Unternehmensleitung obliegt, dürfen nicht in der Betriebsvereinbarung geregelt werden (beispielsweise die strategische Unternehmensplanung).
- Für leitende Angestellte gilt die Betriebsvereinbarung nicht.
- Es gilt das Günstigkeitsprinzip: Enthält der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers für ihn günstigere Regelungen als in der Betriebsvereinbarung, gelten diese günstigeren Bestimmungen.
Erzwingbare und freiwillige Betriebsvereinbarung
Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, eine Betriebsvereinbarung zu erzwingen, wenn sich der Arbeitgeber weigert, eine solche abzuschließen. In diesen Fällen kann der Betriebsrat die Einigungsstelle bemühen. Ihre Zustimmung ersetzt die erforderliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Vereinbarung gilt dann als „erzwungen”. Möglich sind diese etwa bei Personalfragen, Arbeitszeiten und Zeiterfassung, Tätigkeitsänderungen und sozialen Themen. Freiwillige Betriebsvereinbarungen sind – wie der Name eben sagt – freiwillig und können einseitig von Arbeitgeber oder Betriebsrat abgelehnt werden. Dazu zählen etwa die Einrichtung von Sozialeinrichtungen wie betriebliche Kindergärten, Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes oder Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer.
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Unterschiede der Betriebsvereinbarung zur Regelungsabrede
Auch eine Regelungsabrede wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossen. Im Gegensatz zur Betriebsvereinbarung ist eine Regelungsabrede aber eine Vereinbarung, die ausschließlich zwischen den Parteien gilt, die die Regelungsabrede geschlossen haben, also Betriebsrat und Arbeitgeber. Sie muss auch nicht zwingend schriftlich fixiert werden, um wirksam zu sein. Zwar können Regelungsabreden auch die Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen oder auch Angelegenheiten, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, jedoch enthalten sie keine allgemein gültigen Rechtsregeln, sondern betreffen nur den Einzelfall. Ein Beispiel dafür ist die Anordnung von Überstunden an einem bestimmten Tag für bestimmte Arbeitnehmer.
Tarifvertrag
Ein Tarifvertrag wird zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden geschlossen und gilt für eine Vielzahl von Unternehmen, nämlich für all diejenigen, die Mitglied des entsprechenden Arbeitgeberverbands sind. Eine Betriebsvereinbarung wird jedoch zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossen und gilt nur für das einzelne Unternehmen. Für die Gültigkeit der Betriebsvereinbarung kommt es alleine auf die Zugehörigkeit zum Betrieb und nicht, wie beim Tarifvertrag, auf eine Gewerkschaftszugehörigkeit oder Arbeitsvertragsklauseln an.
Betriebliche Übung
Eine betriebliche Übung führt, anders als eine Betriebsvereinbarung, zu einer Änderung des Arbeitsvertrags und somit auch zu arbeitsvertraglichen Ansprüchen. Wird beispielsweise für den Zeitraum von mindestens drei Jahren kommentarlos Weihnachtsgeld ausgezahlt, dann können Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass das Weihnachtsgeld auf Dauer gewährt wird. Die Betriebsvereinbarung als allgemeine betriebliche Regelung wird jedoch nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags. Sie steht als eigenständige Regelung über dem Arbeitsvertrag. Beseitigen kann der Arbeitgeber eine betriebliche Übung nur, wenn die Arbeitnehmer mit der Änderung des Arbeitsvertrages einverstanden sind.
Was wird häufig in Betriebsvereinbarungen geregelt?
Innerhalb der Betriebsvereinbarung können verschiedene Themen geregelt werden. Häufig werden Bestimmungen zu den Themen Urlaubsplanung, Arbeitszeitregelungen, Zielvereinbarungen, die Einführung von neuen Arbeitsmethoden oder auch die Verteilung von Prämien in die Betriebsvereinbarung aufgenommen.
Geht sie dem Arbeitsvertrag vor?
Grundsätzlich geht der Arbeitsvertrag bzw. die darin enthaltenen Regelungen der Betriebsvereinbarung vor, solange die darin enthaltenen Bestimmungen den Arbeitnehmer begünstigen. Enthält die Betriebsvereinbarung allerdings Regelungen, die für Arbeitnehmer günstiger sind als im Arbeitsvertrag, gehen diese vor.
Das gleiche gilt auch für das Verhältnis von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung: je nachdem welche Regelungen den Arbeitnehmer begünstigen, geht diese Bestimmung vor. Aber Achtung: Für Betriebsvereinbarungen gilt nur bedingt die Vertragsfreiheit. Regelungen der Betriebsvereinbarung können daher zwar günstiger für den Arbeitnehmer sein als der Tarifvertrag. Trotzdem kommen sie nicht zur Anwendung, wenn es bereits eine abschließende tarifvertragliche Regelung gibt und diese eben vorrangig ist.
Wie wird eine Betriebsvereinbarung durchgeführt?
Für die Durchführung der Betriebsvereinbarung und die Umsetzung der Regelungen ist der Arbeitgeber zuständig. Der Betriebsrat hat einen Anspruch darauf, dass sich der Arbeitgeber an die Vereinbarungen hält. Andernfalls kann ein Arbeitsgerichtsverfahren eingeleitet werden. Der Betriebsrat ist jedoch nicht befugt, sich in die Leitung des Unternehmens einzumischen.
Was passiert bei Nichteinhaltung?
Die Betriebsvereinbarung ist als Vertrag ein verbindliches Regelungswerk, an welches sich alle davon Betroffenen zu halten haben. Wird sie nicht eingehalten, kann entweder der Betriebsrat oder der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Klage erheben.
Welche rechtlichen Auswirkungen hat sie?
Die vereinbarten Regelungen sind von den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber einzuhalten. Die Bestimmungen können Vorteile für die Arbeitnehmer bieten. Allerdings kann eine Betriebsvereinbarung auch Nachteile mit sich bringen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn Regelungen zu Lasten der Arbeitsbedingungen oder etwa der Entlohnung gehen. Allerdings ist es die Aufgabe des Betriebsrats, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und dafür zu sorgen, dass eine Betriebsvereinbarung sowohl fair als auch ausgewogen gestaltet ist.
Welche Bedeutung hat sie für ein Unternehmen?
Die Betriebsvereinbarung kann einen hohen Wert für ein Unternehmen haben, da sie bestimmte Arbeitsbereiche klar regelt und die bessere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern fördert. So können auch Konflikte im Unternehmen vermieden und ein gutes Arbeitsklima geschaffen werden.
Gültigkeitsdauer
Sie ist grundsätzlich unbegrenzt gültig. Es besteht jedoch die Möglichkeit, eine bestimmte Gültigkeitsdauer festzulegen. Dann gilt die Betriebsvereinbarung für den befristeten Zeitraum. Sie kann aber auch durch eine neue Vereinbarung abgelöst oder bei Änderungen der gesetzlichen Vorgaben angepasst werden.
Kann sie nachträglich geändert werden?
Ja, eine Betriebsvereinbarung kann auch im Nachhinein noch geändert werden. Diese Änderungen werden so vorgenommen, wie die Vereinbarung geschlossen wurde: durch Beschluss des Betriebsrats. Dabei sollte jedoch im Einzelfall abgewogen werden, ob eine Kündigung der Betriebsvereinbarung oder der Neuabschluss geeigneter sind.
Wie kann sie gekündigt und beendet werden?
Nach § 77 Absatz 5 BetrVG können Betriebsvereinbarungen – wie andere Verträge auch – mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Kürzere oder auch längere Fristen können aber von Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart werden. Die Betriebsvereinbarung endet dann durch die Kündigung.
Wie wirkt die Vereinbarung nach?
Unter Umständen kann eine bislang bestehende und gekündigte Betriebsvereinbarung nachwirken, bis eine neue Vereinbarung geschlossen wird. Das betrifft die erzwinglichen Betriebsvereinbarungen, welche solange wirksam bleiben, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden. Diese Zeit zwischen der offiziellen Beendigung der Vereinbarung und dem Beginn einer neuen Betriebsvereinbarung nennt man „Nachwirkung”.
Von der Nachwirkung umfasst sind in der Regel aber nur die mitbestimmungspflichtigen Teile der Betriebsvereinbarung. Jedoch ist die rechtliche Wirkung abgeschwächt, da der Arbeitgeber in dieser Zeit auch Änderungen durchführen kann, die eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Betriebsvereinbarung darstellen. Das gilt aber nur für „nicht mitbestimmungspflichtige” Sachverhalte. Für eine Nachwirkung bei freiwilligen Vereinbarungen bedarf es einer ausdrücklichen Abmachung. Ansonsten enden sie ersatzlos mit der Beendigung der Betriebsvereinbarung.
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