Hintergründe und Inkrafttreten des Gesetzes
In einer Gesellschaft, die Vielfalt schätzt, ist es von essenzieller Bedeutung, dass Menschen mit Behinderungen gleiche Chancen haben, am Arbeitsleben teilzuhaben. Diese Gleichberechtigung und Selbstbestimmung sind nicht nur ethisch wichtig, sondern auch angesichts des stetig wachsenden Bedarfs an Fachkräften von hoher Relevanz. Es ist daher entscheidend, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen, um ihnen den Zugang zu Arbeitsplätzen zu erleichtern. Die Schwerpunkte dieses Gesetzes liegen dabei darauf,
- mehr Menschen mit Behinderungen in regulären Arbeitsverhältnissen zu positionieren,
- Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen den Verbleib im Berufsleben zu ermöglichen und zu erleichtern, und
- gezielte Hilfen und Unterstützung für Menschen mit schweren Behinderungen anzubieten, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen.
An dem Gesetz, mit dem sich einige Vorschriften in verschiedenen Gesetzen ändern, wird bereits seit November 2022 gearbeitet. Verkündet wurde es schließlich im Juni 2023. In Kraft treten wird es am 1. Januar 2024.
Welche Folgen ergeben sich daraus für Arbeitgeber?
Arbeitgebende Unternehmen müssen schon seit längerem eine Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Hintergrund dieser Ausgleichsabgabe ist, dass Unternehmen, aber auch öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen gesetzlich verpflichtet sind, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder anderen anrechnungsfähigen Menschen zu besetzen. Kommt man dieser Pflicht nicht nach, muss man einen Ausgleich zahlen. Mit dem neuen Gesetz wird eine vierte Staffel bei der Ausgleichsabgabe eingeführt. Für beschäftigungspflichtige Arbeitgeber heißt das, dass sich ihre künftige Ausgleichsabgabe erhöht.Ab dem 1. Januar 2024 beträgt die Ausgleichsabgabe je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz:
- 140 Euro (statt bisher 125 Euro) bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz,
- 245 Euro (statt bisher 220 Euro) bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent,
- 360 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von mehr als 0 Prozent bis weniger als 2 Prozent,
- 720 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0 Prozent (neue vierte Staffel).
Erstmalig wird die vierte Staffel zum 31. März 2025 zahlbar sein, genau dann, wenn die Ausgleichsabgabe für das Jahr 2024 fällig wird. Gleichzeitig ist geplant, die bisherige Bußgeldvorschrift aufzuheben. Kleinere Arbeitgeber mit weniger als 60 bzw. weniger als 40 zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen werden weiterhin von Sonderregelungen profitieren, die niedrigere Beträge für die Ausgleichsabgabe vorsehen, ähnlich wie bisher.
Außerdem wurde am Lohnkostenzuschuss gefeilt: Aktuell ist der Lohnkostenzuschuss, den der Leistungsträger erstattet, auf 40 Prozent der Bezugsgröße begrenzt. Die Abschaffung dieser Obergrenze soll sicherstellen, dass selbst mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro bundesweit der maximale Lohnkostenzuschuss – falls notwendig anhand der individuellen Situation – gewährt werden kann.
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Wann tritt es in Kraft?
Das Gesetz zur Förderung des inklusiven Arbeitsmarktes wird am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Welche Besonderheiten gelten aktuell im Arbeitsrecht in Bezug auf Menschen mit Behinderungen?
Gemäß gesetzlicher Vorgaben sind Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Für kleinere Betriebe existieren spezielle Regelungen, die sie entlasten. Falls die Quote nicht erfüllt wird, müssen Unternehmen eine Ausgleichsabgabe entrichten, die zur Integration von Menschen mit Behinderungen beiträgt. In Bewerbungsgesprächen ist die Frage nach einer Schwerbehinderung normalerweise nicht gestattet, es sei denn, es bestehen spezifische Anforderungen für die ausgeschriebene Position.
Auch wenn Betriebe mehr als vier schwerbehinderte Mitarbeiter beschäftigen, wird alle vier Jahre eine Vertretung für diese gewählt, die ihre Interessen vertritt und sie berät. Menschen mit Schwerbehinderungen haben am Arbeitsplatz besondere Rechte, darunter Anspruch auf spezielle Unterstützung und zusätzlichen Urlaub. Bei Kündigungen schwerbehinderter Arbeitnehmer sind bestimmte Zustimmungen sowie die Einbindung des Integrationsamtes erforderlich. Grundsätzlich gilt der Kündigungsschutz nicht in der Probezeit, doch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs könnte diese Regelung möglicherweise beeinflussen und zu Veränderungen führen.
Was ist der Ausgleichsfonds?
Der "Ausgleichsfonds für überregionale Vorhaben zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben" wird durch Mittel der Ausgleichsabgabe gespeist und ist eine spezielle Vermögensmasse, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verwaltet wird. Die genaue Ausgestaltung des Fonds, die Nutzung seiner Mittel und die Vergabeverfahren sind detailliert in der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) in den Paragraphen 35 bis 44 festgelegt. Anträge auf finanzielle Unterstützung aus diesem Fonds werden vom Beirat für die Teilhabe behinderter Menschen beim BMAS geprüft und bewertet, wobei der Beirat Empfehlungen zu diesen Anträgen abgibt (§§ 35 und 43 SchwbAV).
Welche Informationspflichten haben Arbeitgeber?
Jedes Jahr müssen Unternehmen die für die Prüfung ihrer Erfüllung der Beschäftigungspflicht relevanten Informationen im Rahmen eines sogenannten Anzeigeverfahrens an ihre zuständige Agentur für Arbeit übermitteln. Diese Mitteilung muss bis spätestens 31. März des folgenden Jahres erfolgen. Gleichzeitig ist die Ausgleichsabgabe direkt an das entsprechende Integrations- bzw. Inklusionsamt zu überweisen.
Wie häufig ist die Ausgleichsabgabe zu zahlen?
Die Abgabe wird jährlich zum 31. März für das zurückliegende Jahr fällig.
Was bedeutet Genehmigungsfiktion?
Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf Kostenübernahme für "Arbeitsassistenz" und/oder "Berufsbegleitung" im Rahmen der unterstützten Beschäftigung, finanziert aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe. Künftig wird eine Regelung zur Genehmigungsfiktion eingeführt: Nach Ablauf von sechs Wochen muss ein Integrationsamt einen eingegangenen Antrag (beispielsweise für Arbeitsassistenz und/oder Berufsbegleitung) bearbeitet und entschieden haben. Diese Maßnahme zielt darauf ab, eine zeitnahe Bearbeitung der Anträge durch die Integrationsämter sicherzustellen und die erforderlichen Leistungen für unterstützte Beschäftigung rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Diese Richtlinie ist eine Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag.
Was sind mögliche Konsequenzen bei Verstoß gegen das Gesetz?
Neben der Ausgleichsabgabe kann derzeit ein Verstoß gegen die Beschäftigungspflicht mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt werden. Ab dem 1. Januar 2024 wird diese Bußgeldregelung aufgehoben. Der Gesetzgeber argumentiert, dass es nicht mehr angemessen sei, Arbeitgeber, die keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen und daher eine erhöhte Ausgleichsabgabe zahlen müssen, zusätzlich mit einem Bußgeld zu bestrafen.
Fazit
Das Gesetz zur Förderung des inklusiven Arbeitsmarktes markiert einen Wendepunkt für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Es hebt wichtige Regelungen hervor, wie die Einführung einer vierten Staffel bei der Ausgleichsabgabe und die Abschaffung der Bußgeldvorschrift, während es gleichzeitig auf die Förderung einer inklusiven Arbeitskultur abzielt. Arbeitgeber stehen vor neuen Herausforderungen, aber auch neuen Chancen, um eine vielfältigere und integrativere Arbeitsumgebung zu schaffen. Es bleibt zu beobachten, wie diese Gesetzesänderungen den Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen gestalten und welchen Einfluss sie auf die Beschäftigungsdynamik haben werden.
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