Ausschluss des Widerrufsrechts bei Kundenspezifikation

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Das Widerrufsrecht zählt zu den wesentlichen Verbraucherrechten im Online-Handel. Doch bei Produkten mit Kundenspezifikation gelten für den Widerruf Ausnahmen. Ins Besondere dann, wenn die Ware durch die Spezifikation des Kunden schwer oder gar nicht anderweitig verkäuflich ist. Wann das Widerrufsrecht erlischt und welche Spezifikationen dafür notwendig sind, erklären wir in diesem Ratgeber.

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Rechtliche Grundlage

Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Der Widerruf ist jedoch gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB bei Verträgen über die Lieferung von Waren ausgeschlossen, bei "Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind."

hb-iconset-stoerer-achtung-2Beachte: Die Ausschlussregelungen des § 312 g Abs. 2 BGB sind als Ausnahmen vom Widerrufsrecht eng auszulegen. Des Weiteren handelt es sich dabei um eine abschließende Aufzählung, weitere Ausnahmetatbestände dürfen somit vom Händler nicht hinzugefügt werden.

Siehe auch:

  1. Widerrufsrecht bei Waren
  2. Widerrufsrecht bei Dienstleistungen
  3. Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten

Definition Kundenspezifikation

  1. die Ware ist nach Kundenangaben so individualisiert gefertigt, dass diese im Falle der Rücknahme für den Unternehmer wirtschaftlich wertlos ist, weil sie durch die besondere Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass abgesetzt werden kann; oder
  2. der Wert der aufgewandten Arbeitszeit für den "Rückbau" beträgt mehr als 5 % des Warenwertes. (BGH stuft die Rückbaukosten in Höhe von 5 % des Warenwertes als verhältnismäßig geringen
  3. Aufwand ein)

hb-iconset-hammerBeispiel: Bei einem Notebook im Wert von 10.290,14 € ist die Zerlegung der Endkonfiguration des aus vorgefertigten elektronischen Bauteilen zusammengefügten Gerätes mit einem Arbeitsaufwand von 3h à 150 € möglich 🠖 die 5% des Warenwertes sind nicht überschritten, so dass keine Kundenspezifikation vorliegt. (Grundlegendes Urteil des BGH - Grundsätze auch auf aktuelle Rechtslage weiterhin anwendbar, BGH Urteil vom 19. 3. 2003 - VIII ZR 295/01 -)

Beispiele für Waren, die nach Kundenspezifikation gefertigt sind:

  1. Visitenkarten
  2. Maßanzüge
  3. mit einer persönlichen Gravur versehene Schmuckstücke 
  4. Grabsteine mit Inschrift 

Waren, die auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind

  1. gegenüber Kundenspezifikation kaum abzugrenzen 🠖 die unter 1. benannten Kriterien sind entsprechend anwendbar;
  2. erfasst sind Fallgruppen, bei denen der Verbraucher nach den Gestaltungsmöglichkeiten aus dem Angebot des Unternehmers eine individuelle Komposition zusammenstellen kann, z.B. bei Möbeln, Autos, PCs; 
  3. ein persönlicher Zuschnitt liegt aber erst vor, wenn die vom Kunden gewählte Komposition so speziell ist, dass sich das hieraus entstandene Produkt bei anderen Kunden nur unter großen Schwierigkeiten und mit erheblichem Wertverlust veräußern lässt.

Beispiele:

  1. Farbe oder Material von Möbelstücken, die zwar im Sortiment geführt werden, aber sonst von keinem Kunden gewählt werden (grelle Neonfarben);
  2. Fahrzeuge mit extravaganter Spezialausstattung (Bergevorrichtungen, enorme Tieferlegung, Rennstreckenkonfigurationen);
  3. für Unterwassereinsätze konzipierte PCs

Ausschluss der Kundenspezifikation

Kundenspezifikation bzw. auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Waren liegen bei folgenden Beispielen nicht vor:

  1. separate Bestellung jeweils von Alu-Felgen und Bereifung und Lieferung im montierten Zustand als Alu-Komplett-Räder
    es handelt sich nicht um Waren, die nach Kundenspezifikation gefertigt werden, der Unternehmer konnte nicht nachweisen, dass die Rücknahme der Felgen und Reifen eine unzumutbare Benachteiligung (Absatzschwierigkeiten) zur Folge hatte; (LG Hannover, Urteil vom 20.03.2009 - 13 S 36/08 -)
  2. Kauf eines Boxspring-Bettes
    (LG Arnsberg, Urteil vom 30.09.2015 - I- 3 S 120/15) Das Bett wurde zwar aus einzelnen Komponenten nach Kundenwunsch zusammengestellt, da diese vom Unternehmer jedoch leicht wieder voneinander getrennt werden und sodann anderweitig verkauft werden können, besteht kein Ausschlussgrund
  3. Lieferung eines Notebook
    (AG Köpenick, Urteil vom 25.08.2010 - 6 C 369/09) Notebooks, die nach einem Baukastensystem nach Wünschen des Kunden ausgestattet werden, fallen nicht unter den Ausschlusstatbestand. Derartige Konfigurationen können mit zumutbaren Aufwand wieder rückgängig gemacht werden.
  4. Neuwagen, bei denen die Motorisierung und bestimmte Ausstattungsdetails (Farbe, Innenausstattung etc.) ausgesucht werden können
    Werden individuelle Ausstattungsmerkmale, die häufiger vorkommen, ausgewählt, liegt kein Zuschnitt auf persönliche Bedürfnisse vor, denn es wird viele Kunden geben, die z.B. die speziell gewählte stärkere Motorenvariante akzeptieren.
  5. Sofa gestaltet nach Kundenwünschen
    Bei individualisierten Sofa-Garnituren gibt es keine einheitliche Rechtsprechung. So entschied das LG Düsseldorf mit Urteil vom 12.02.2014 (Az.: 23 S 111/13), dass dem Kunden kein Widerrufsrecht zusteht, wenn er bei der Sofabestellung eine Wahl zwischen 17 Farben, 289 verschiedenen Farbkombinationen und damit insgesamt 578 Gestaltungsmöglichkeiten hat. Da es sich hierbei nicht um verschiedene Einzelheiten handelt, welche ohne größeren Aufwand wieder voneinander getrennt werden können. Das AG Dortmund stellt mit Urteil vom 28.04.2015 (Az.: 425 C 1013/15) hingegen fest, dass dem Kunden bei einem Sofa mit theoretisch 578 Gestaltungsmöglichkeiten und einer dann erfolgten Bestellung eines schwarz / weißen Sofas das Widerrufsrecht zusteht. In diesem Fall wäre eine Rücknahme nicht wirtschaftlich wertlos, da diese Kombination auch ohne einen erheblichen Preisnachlass wieder verkauft werden kann.

Bei wem liegt die Beweislast?

Im Streitfall trägt der Verkäufer die Beweislast für die Tatsache, dass die Voraussetzungen für den Ausschluss des Widerrufs vorliegen, d.h. der Verkäufer müsste nachweisen, dass er die Ware nicht anderweitig bzw. nur mit unzumutbaren Umsatzeinbußen absetzen kann.

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